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Vermutlich weniger hepatozelluläre Karzinome bei Patienten mit chronischer Hepatitis C nach erfolgreicher Behandlung mit direkt antiviralen Wirkstoffen

Die chronische Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) ist der häufigste Risikofaktor für die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC; 1). In den USA ist das HCC unter den Krebs-assoziierten Todesursachen diejenige, die am schnellsten zunimmt (2). Durch die neuen, direkt antiviralen Wirkstoffe (DAA) wird bei fast allen Patienten mit chronischer Hepatitis C eine anhaltende Viruselimination (sustained antiviral response = SVR) erreicht. Dadurch wird die Zahl der HCV-Infizierten in Nord-Amerika und Europa erheblich abnehmen. Allerdings wird die SVR von einigen Kritikern als klinisch nicht relevanter Surrogat-Parameter angesehen. In einigen Publikationen wurde die Vermutung geäußert, dass Patienten mit Hepatitis C-assoziierter Zirrhose, die mit DAA behandelt worden waren, häufiger ein HCC oder ein HCC-Rezidiv entwickeln (3-5). Anhand eines großen amerikanischen Patientenregisters (Veterans Health Administration) wurde nun der Frage systematisch nachgegangen, welchen Einfluss eine durch DAA erreichte SVR auf das Risiko für ein HCC hat (6).

In dieser retrospektiven Untersuchung wurden alle Patienten erfasst, die in einem der 129 Krankenhäuser der Veterans Health Administration vom 1.1.2015 bis 31.12.2015 mit einem DAA wegen einer chronischen HCV-Infektion behandelt worden waren. Die Patienten konnten bis zum Ende der Therapie, d.h. noch bis September 2016, nachverfolgt werden, so dass eine SVR sicher war. Als DAA wurden folgende Wirkstoffe definiert: Sofosbuvir, Simeprevir, Ledipasvir, Paritaprevir/Ritonavir, Ombitasvir, Dasabuvir, Daclatasvir. Das jährliche HCC-Risiko in der Gruppe mit und ohne SVR wurde mittels Cox-Regressionsanalyse berechnet. Außerdem wurden zusätzliche Risikofaktoren untersucht, die mit der Inzidenz von HCC bei Patienten mit chronischer HCV-Infektion trotz SVR assoziiert waren. Der primäre Endpunkt war die Diagnose eines HCC nach Abschluss der DAA-Therapie.

Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 22.500 Patienten mit chronischer HCV-Infektion behandelt; von diesen erreichten 19.518 eine SVR und 2.982 nicht. Die Patienten waren im Median 62 Jahre alt, und 39% hatten bereits eine Leberzirrhose. Es traten insgesamt 271 HCC auf, 183 bei Patienten mit SVR und 88 ohne SVR. Patienten mit SVR hatten ein deutlich niedrigeres HCC-Risiko als solche ohne SVR (0,90 vs. 3,45 HCC/100 Personenjahre; angepasste Hazard ratio = HR: 0,28; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,22-0,36). Die Patienten mit Leberzirrhose hatten das höchste jährliche Risiko für HCC nach SVR (1,82 vs. 0,34/100 Personenjahre bei Patienten ohne Zirrhose; HR: 4,73; CI: 3,34-6,68). Die meisten neu diagnostizierten HCC waren im Stadium I (> 44,8%). Die Tumore waren in > 75% kleiner als 5 cm. Es gab keine Hinweise, dass die Behandlung mit DAA die Entstehung eines HCC begünstigt. Vielmehr zeigte diese Studie eine 76%ige Reduktion des HCC-Risikos bei Patienten, bei denen eine SVR erreicht wurde. Bei Patienten mit Leberzirrhose bleibt das HCC-Risiko auch nach SVR deutlich erhöht.

Die Verfasser eines Editorials zu diesem Beitrag schreiben, dass diese Studie ein wesentlicher Beitrag ist, die für Patienten und Ärzte beunruhigende Kontroverse aufzulösen, nämlich die vermeintliche Zunahme des HCC-Risikos durch eine Behandlung mit DAA. Sie sind – wie wir – der Meinung, dass die Behandlung der chronischen HCV-Infektion das vorrangige Ziel hat, die Leberzirrhose zu verhindern. Denn besteht bereits eine Zirrhose, bleibt das HCC-Risiko erhöht, selbst wenn noch eine SVR erreicht wird (7).

Fazit: In dieser retrospektiven Studie mit relativ kurzer Nachbeobachtung fand sich bei Patienten mit chronischer HCV-Infektion, die durch Behandlung mit direkt antiviralen Wirkstoffen eine anhaltende Elimination des Virus erreicht hatten, ein deutlich geringeres Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms, vor allem bei Patienten ohne Zirrhose. Bei Patienten, die bereits eine Leberzirrhose hatten, blieb das Risiko, auch bei anhaltender Viruselimination, erhöht.

Literatur

  1. El-Serag, H.B.: N. Engl. J. Med. 2011, 365, 1118. Link zur Quelle
  2. Ryerson, A.B., et al.: Cancer 2016, 122, 1312. Link zur Quelle
  3. Reig, M., et al.: J. Hepatol. 2016, 65, 719. Link zur Quelle
  4. Conti, F., et al.: J. Hepatol. 2016, 65, 727. Link zur Quelle
  5. Ravi, S., et al.: Gastroenterology 2017, 152, 911. Link zur Quelle
  6. Kanwal, F., et al.: Gastroenterology 2017, 153, 996. Link zur Quelle
  7. Maan, R., und Feld, J.J.: Gastroenterology 2017, 153, 890. Link zur Quelle